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Konstruktion

Die gesamte Konstruktion der Mühle entspricht einer Bauform von Bockmühlen, wie man sie hier im südlichen Emsland häufiger vorfand. Dieses Bauform weist schon im äußeren Erscheinungsbild ein paar charakteristische, in anderen Regionen nicht anzutreffende Merkmale auf. Auffälligstes Merkmal ist hier die Außentreppe, die schräg an der Stertwand zum Boden läuft und am Eckständer der linken Seitenwand in einem kleinen Podest endet. Die Eingangstür befindet sich somit auch an diesem Eckständer und nicht, wie bei Bockmühlen üblich, mittig in der Wand. Die Treppe ist an beiden Eckständern der Steertwand durch eine Balkenkonstruktion aufgehängt.
Ein weiteres charakteristisches Merkmal für hiesige Bockmühlen ist der relativ hohe und schlanke Mühlenkasten mit drei statt der üblichen zwei Böden, von denen die unteren beiden Böden vergleichsweise niedrig ausfallen, Der unterste Boden dient lediglich zu Wartungsarbeiten an Hausbaum und Sattel sowie am (später eingebauten) Graupengang. Dieser Boden ist durch eine gesonderte Eingangstür von der Außentreppe erreichbar.
Wie hierzulande üblich, trägt der Mühlenkasten ein relativ niedriges, gerundetes Satteldach, welches bei hiesiger Mühle zur Steertwand hin leicht niedriger wird, der Form von Flügelwelle und Kammrad angepaßt wurde. Am steertwandigen Giebel befindet sich in einem relativ langen Überdach der Sackaufzug. Das Dach und die Sturmwand des Mühlenkastens sind mit Holzschindeln verkleidet. Betrachtet man sich die Balkenkonstruktion des relativ großen Mühlenkastens, so fällt auf, daß diese auffällig einfach ist und ganz und gar nicht der Konstruktion von Bockmühlen in den übrigen umliegenden westlichen und nordwestlichen Regionen Niedersachsens entspricht. So besteht die Aussteifungskonstruktion der Seitenwände lediglich aus einem großen, über die gesamte Wandhöhe gezogenen Andreaskreuz und je einem Kopfband unter jeder Ecke der Mehlleiste.
Technisch gesehen ist die Mühle insofern interessant, da sie doch eine der
wenigen nachträglich modernisierten Bockmühlen der Region darstellt. In der Grundkonstruktion besaß die Mühle nur einen Mahlgang auf dem obersten Boden (Steinboden). Dieser war bis zuletzt auch noch vorhanden. In der Zeichnung ist erkennbar, daß er direkt vom großen Kammrad über ein Stockrad angetrieben wird. Dieses Kammrad dient auch zum Betrieb des Sackaufzuges, dessen hölzerne Windenwelle über ein kleines Stirnrad in seine Kämme eingekuppelt werden kann. Um den Aufzug auch per Hand betreiben zu können, befindet sich auf dessen Windenwelle an der Steertwand noch ein hölzernes Gaffelrad, um das zu jedem Boden hinunterführend ein endloses Antriebsseil läuft. Das Rammrad ist in der hierzulande üblichen Bauweise mit doppelten, um die in diesem Bereich quadratische Flügelwelle gelegten Speichen gefertigt. Zwischen dem Kammrad und der Steertwand ist die Flügelwelle aus Gewichtsgründen rund abgearbeitet. Der ursprünglich aus Holz gefertigte Weilkopf wurde vermutlich um 1900 durch den hier gezeigten gußeisernen Kopf
(wahrscheinlich von Gießerei Weynann / Osnabrück u. Bramsche) ersetzt.
Der Mahlgang ist hier mit einer in der hiesigen Region üblichen Form vorkommenden hölzernen Bütte mit Trichter, Schlitten und Rüttelschuh dargestellt. Vom Mahlgang gibt es zwei Abgänge ins darunterliegende Geschoß. An dem einen Abgang hängt ein hölzernes Rohr, über welches das Mahlgut als Futter- oder Backschrot direkt in einen Sack laufen konnte. Am zweiten Abgang führt ein Holzrohr in den darunterstehenden Beutelkasten. Der Beutelkasten ist eigentlich ein Rundsichter mit einer mit Seidengaze bespannten Siebtrommel, die über einen Schnurlauf vom Mühleisen des Mahlganges aus in langsam drehende Bewegung versetzt wird. Die Form des Beutelkastens ist in der Rekonstruktion anhand anderer solcher Maschinen aus dieser Zeit (zwischen 1820 und 1880) aus der emsländischen Region übernommen worden.
Einen grundlegenden Umbau erfuhr die Mühle 1845 mit dem Einbau des
Graupenganges, wie es die Zeichnungen zeigen.
Dazu hat man das große Kammrad mit einem zweiten Radkranz auf dessen
Rückseite versehen. Dieser Radkranz ist größer als der des ursprünglichen Kammrades, um dem Graupengang die richtige Drehzahl geben zu können,
welche die Drehzahl des Mahlganges um etwa 20 % übersteigen muß. Der
zweite Radkranz treibt über ein Stockrad die an der Sturmwand aufgestellte
Königswelle, die bis in den mittleren Boden der Mühle hinunterführt. Hier
trägt diese knapp unter der Decke ein hölzernes Stirnrad, welches nun über
ein weiteres Stockrad die Spindel des Graupenganges antreibt. Der Einbau
dieser Königswelle mit Zwischengetriebe wurde aus zwei Gründen notwendig: Zum Einen konnte über das Zwischengetriebe stufenweise die notwendige, recht hohe Drehzahl des Graupenganges (ca. 100 - 140 U/min) erreicht werden. Zum Anderen mußte der Graupengang aus Platzgründen an der rechten Seitenwand aufgestellt werden, was einen Direktantrieb vom Kammrad aus sowieso schon ausgeschlossen hätte.
Graupengänge in Bockwindmühlen waren nicht gerade die Regel und auch
nur in bestimmten Regionen anzutreffen. In Niedersachsen fand man Solche in Bockmühlen hauptsächlich in den nordwestlichen Regionen. Das ostfriesische Mühlenverzeichnis von 1818 nennt mehrere Bockmühlen als “Mahl- und Peldemühle”. Das “Pelden” ist in diesen Landesteilen ein alter Begriff für das Herstellen von Graupen. Als eine der letzte Pelde-Bockwindmühlen Ostfrieslands verschwand 1909 die Ter-Haseborg’ sche Mühle in Stapelmoor / Rheiderland. Bockmühlen mit Graupengängen waren auch in größerer Zahl in der Region zwischen Diepholz, Minden und Hannover anzutreffen, wovon die restaurierte Mühle in Wenden bei Nienburg noch ein Zeugnis gibt. Hier wurden die Graupen-, oder allgemein auch Pellgänge auch häufig zum Schälen von Buchweizen oder zum Spitzen und Reinigen von Weizen und Roggen vor der Vermahlung eingesetzt.

Der die Mühle tragende Bock ist wie in den westlichen und nordwestlichen Regionen Niedersachsens üblich mit doppelten, dafür relativ dünnen Schrägstreben (Standfinken) versehen. Das Schwellenkreuz liegt relativ dicht über der Erde und ist dort einfach auf Feldsteine gelegt worden. Als Windantrieb der Mühle dienen von Alters her hölzerne Segelflügel. Diese archaische Flügelform hat sich an den meisten Windmühlen des Emslandes bis zuletzt erhalten.
Als Vorgaben für die Konstruktionszeichnungen standen neben der schon erwähnten Fotoserie vom Abbruch der Mühle in erster Linie die noch vorhandenen Originalbalken auf dem Hof Hazelbecke zur Verfügung, von denen sich grundlegende Maße tragender Teile ablesen ließen. Die persönlichen Angaben von Frau Hedwig Hazelbecke über die vor dem Abbruch noch vorhandenen Reste der Inneneinrichtung waren ebenso von großer Dienlichkeit und zusammen mit Archivunterlagen und Vergleichen mit anderen emsländischen Mühlen ergab sich ein recht genaues Abbild der alten Bockwindmühle.